СЧЁТЫ

Stschoty, Schety

Русский компьютер

Die Geschichte der Rechenhilfen, und damit des Stschoty, begann wahrscheinlich vor ca. 3.000 Jahren. Wie in anderen Teilen der Erde wurde vor dem Stschoty, auch in Russland, mit dem Rechenbrett gerechnet. Nachfolgend eine Abbildung mit noch altslawischen Buchstaben. Dabei wurde offensichtlich nicht nur auf den Linien, sondern auch zwischen den Linien gerechnet. In der Zeit der Herrschaft von Iwan der Schreckliche wurden Pflaumen- und Kirschkerne von Schreibern benutzt, die jeder in einem kleinen Säckchen mitgetragen hat. Ein ausländischer Besucher des alten Russland hat vor etwa 400 Jahren folgendes aufgeschrieben: „Auf Russischer Erde wird das Rechnen mit Hilfe von Pflaumenkernen durchgeführt."

In vielen Quellen wird angegeben, dass sich der russische Stschoty aus dem chinesischen Rechenrahmen, dem sogenannten Suan Pan, entwickelt hat. Es deutet nicht viel darauf hin, da sich der Suan Pan doch wesentlich von der ersten Russischen Version unterscheidet. Es sieht eher so aus, als ob sich der Stschoty direkt vom Rechenbrett weiterentwickelt hat. Man kann an den Abbildungen deutlich erkennen, dass die erste Version, der Doschany Stschoty, noch immer ein Brett war, auf dem man die Rechensteine, in diesem Fall die Kugeln, auf den Linien mit der Schnur nur fixiert hat. Das hatte wahrscheinlich mehrere Vorteile. Zum einen konnte man mehr Linien auf kleinerem Raum benutzen, ohne die Angst zu haben, beim Verschieben, während des Rechenvorgangs, durcheinander zu kommen. Man kann mit den fixierten Rechensteinen auf weniger Platz rechnen und benötigt nicht unbedingt eine ebene Ablage für das Rechenbrett. Das war wahrscheinlich für die Mobilität der Rechner von Vorteil. Durch diese langsame Evolution von dem Rechenbrett, mit dem noch lange Zeit bestimmenden Aussehen eines Rechenbretts, obwohl die Fixierung der Steine schon an dem Rahmen durchgeführt wurde, ist die Erklärung zu suchen, warum man noch so lange Brett als Bezeichnung gewählt hat. Als ersten russischen Rechenrahmen gab es den so genannten "Дощаный счет“ (Doschany Stschot, altrussisch etwa Rechenbrett), das ist ein Rechenrahmen mit 4 Rechenfeldern, wie auf der nachfolgender Abbildung aus dem Buch "Быстрее мысли" von Кобринский Н.Е. und Пекелис В.Д. aus dem Jahr 1959. Der Doschany Stschot hat seinen Namen von dem Wort "doska", auf deutsch "Brett". Das neue Steuersystem "сошное письмо", am Anfang des 17. Jahrhundert, hat auf die Gestaltung des Doschany Stschot einen grossen Einfluss gehabt.

Dieser Rechenrahmen ermöglichte alle vier Grundrechenarten und auch die Bruchrechnung. Er hatte 14 Reihen, die manchmal aus Schnur aber zumeist aus Kupfer oder Eisendraht bestand. An den oberen 10 Reihen gab es je 9 Kugeln dann eine Reihe mit 3,4,5,6 und die letzten 3 mit je einer Kugel. Die ersten zehn Reihen wurden für die Berechnung mit ganzen Zahlen verwendet. Reihen mit weniger als neun Kugeln ​​wurden für Operationen mit Brüchen verwendet. Das Verschieben der Kugeln und das Rechnen wurde damit sehr ähnlich, wie mit dem heutigen Stschoty, vollzogen. Die Berechnung erfolgte im Gegensatz zu heute von oben nach unten. Im Jahr 1682 wurde in Moskau eine Broschüre über den Umgang mit dem Rechenrahmen veröffentlicht. Sie trägt den Titel: "Считание удобное, которым всякий человек купующий или продающий, зело удобно изыскати может, число всякие вещи" (Wie man das Rechnen am Rechenbrett erleichtert). In dieser Broschüre gibt es eine Tabelle über die Multiplikation der Zahlen von 1 bis 100. Am Ende der Tabelle steht: "А если мера или цена превзойдет число счета, который положен в сей книжке и тому возможно по сему же счету, меру и цену умножая, хотя многие тысячи счести. Здравствуй и о трудящихся в сем деле моли бога" was ungefähr bedeutet: „Wenn du schon über 100 rechnen möchtest z.B. mit Tausendern, solltest du für die Menschen, die das tun, Gott um Unterstützung bitten.

Eine weitere genaue Beschreibung der Funktionsweise ist in "Цнфирной счетной мудрости" (Rechnen mit Weisheit), aus dem Buch "Статья учения о дощаном счете" (Die Lehre vom Doschany Stschoty) aus dem Jahr 1691, enthalten.

Es gab auch die Version mit zwei Rechenfeldern, den sogenannten "Дщицы счетные" (Dschitzi Stschoty) der im unteren Bereich nochmals aufgeteilt war. In dieser Version hatten die oberen Felder teilweise aber auch 10 Kugeln, wie auf der unteren Abbildung zu sehen ist. 9 Kugeln sind logischer als 10, auch wenn wir ein Zehner System haben. Man benötigt die 10. Kugel für den Rechenvorgang nicht, sie macht es für den Anfänger vielleicht etwas einfacher. Die Vorgehensweise bei der Berechnung ist aber identisch, ob ich 9 oder 10 Kugeln habe.

Ein Beispiel für einen solchen Stschoty ist in dem Staatlichen Historischen Museum in Moskau zu sehen und stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.

Nachfolgende Abbildungen zeigen die frühe russische Version des Stschoty, die in dem Buch "Reise in Russland", von dem Dänen Peter von Havens, im Jahr 1744 beschrieben wurde. Dieses Modell, mit dem man bis Trillionen rechnen kann, ist seiner Zeit weit voraus. Diese Version hätte bestimmt in der Zeit der Hyperinflation nach dem ersten Weltkrieg und bei der kommenden Inflation nach der Finanzkrise durchaus seine Berechtigung, da alle in meinem Besitz befindlichen elektronischen Taschenrechner nicht in der Lage sind diese großen Zahlen anzuzeigen, was für diesen Stschoty kein Problem darstellt. Auch mein Rechner in Windows 7 reicht "nur" bis 1.000 Billionen aber nicht für Trillionen! Links ist die Zeichnung aus dem Buch und rechts ein Nachbau mithilfe der Beschreibung.

Anfang 1815 wurde in der XX. Ausgabe der bekannten Zeitschrift "Сын Отечества" (Sohn des Vaterlandes) ein Artikel, unter der Überschrift "Новоизобретенные щеты", (Der neuerfundene Abakus) veröffentlicht, der Autor beschreibt die Möglichkeit: "Wer gut mit einem Abakus umgehen kann und das Einmaleins kennt, der kann in zwei Minuten multiplizieren, sogar wenn beide Multiplikatoren aus sieben Zahlen bestehen." In diesem Artikel wurde auch eine Erfindung zum Stschoty angekündigt und davon berichtet, daß in der Zeitschrift "Moskowskije Wedomosti" (Московские ведомости) №18 sowie in der "S.-Peterburgskije Wedomosti" (С.-Петербургские ведомости), der Jude Abraham Bok (Авраам Бок) zwei Jahre zuvor im Warschauer Herzogtum eine verbesserte Rechentechnik für den Stschoty vorgestellt hat.

Im Jahr 1828 hat ein General-Major der russischen Armee, Herr F.M. Svobodskogo (Ф. М. Свободского), diese Weiterentwicklung dann vorgestellt und 1830 wurde sie unter dem Titel „Арифметика на счетах или Легчайший способ производить все арифметические действия над числами на счетах, усовершенствованный ген.-майор. Г. Свободским“ veröffentlicht. Diese Weiterentwicklung bestand aus mehreren einfachen Stschotys, es waren je nach Ausführung zwischen 12 und 30 Stück, die er zusammengesetzt hat. Diese zusätzlichen Stschotys wurden für das behalten der Zwischenergebnisse verwendet. General Svobodskogo hat einfache Regeln der arithmetischen Handlungen zur Reihenfolge der Additionen und der Subtraktion ausgearbeitet, die zusammen mit einigen einfachen Hilfstabellen (ähnlich dem Einmaleins) die Zeit der Berechnungen merklich verringerte. Eine Kommission des gelehrten Komitees des Hauptstabes und der Akademie der Wissenschaften, die das Gerät untersucht hat, empfahlen diesen Stschoty zum Unterricht, an den russischen Universitäten, einzusetzen. Es gab einige Jahren solchen Unterricht an den Universitäten in St. Petersburg, Moskau und Charkow.

Nachfolgende Abbildungen zeigen ein Stschoty mit 9 Kugeln je Reihe, aus dem Buch "Das russische Rechen-Brett" von M. Asmuss aus dem Jahr 1831. Links die Abbildung aus dem Buch und rechts der Nachbau. In dem Rahmen links und rechts sind Schiefertafeln eingearbeitet, auch im Nachbau. Damit sollten zur besseren Übersicht, bei der Punktrechnung, die zu rechnenden Zahlen angeschrieben werden. Diese Schiefertafeln ersetzen je ein Stschoty und sind damit nur eine andere Version der Erfindung von Svobodskogo, der in diesem Fall mit drei Stschoty nebeneinander gerechnet hat. Dieses Model war für den Matheunterricht in Deutschland konzipiert und ist einfach platzsparender als drei Stschoty nebeneinander, aber von der funktionsweise genau gleich.

Im Jahr 1867 hat der Mathematiker W.J. Bunjakowski (В.Я.Буняковский) den "Selbstrechner" oder Selbststschoty (Самосчёты) erfunden, bei dieser Version für die vielfache Addition und die Subtraktion ist das Prinzip von F. M.Swobodskis angewannt worden. Er sah zwar nicht richtig aus wie ein Stschoty, hatte aber das gleiche Rechenprinzip als Grundlage. Am 14. Februar 1867 hat ein Mechaniker der Akademie der Wissenschaften, nach den Vorgaben des Erfinders, ein Exemplar des Selbsstschoty für die finanzmathematische Abteilung der Akademie hergestellt. Bunjakowski hat die genaue Vorgehensweise in seinem Buch "О самосчётахъ и о новомъ ихъ примънении" (Über den neuen Selbstrechner und seine Anwendung) von 1876 beschrieben. Im Jahr 1896 hat Jekaterina N. Bunjakowski, die Witwe von W.J., die Selbstrechenstschotys dem Polytechnischen Museum übergeben. Auf dem Foto des Selbstrechners, aus dem Polytechnischen Museum (Политехнический музей) in Moskau, kann man in der linken Ecke einen mini Stschoty erkennen.

Im Jahr 1872 hat der bekannte Buchhalter und Leiter "Der Gesellschaft für Buchführung" T.Esersky (Ф. В. Езерский, sein Vorname wird in der Übersetzung manchmal mit "F.W." oder "F.B." oder wie in seinem Buch mit T. angegeben) "Rechenbrett mit mechanisierter Multiplikation und Division" ("счеты с машинкой для умножения и деления") patentiert und im Jahr 1874 als Buch unter dem Titel "Ausgeführte Multiplikation und Division bis zu jeder beliebigen Größe" veröffentlicht.

Im Grunde genommen hat sich in den letzten 250 Jahren der Stschoty nicht mehr wesentlich verändert. Seit dieser Zeit bestehen die Reihen aus 10 bzw. 4 Kugeln. Eigentlich machen 10 Kugeln keinen Sinn, auch wenn wir uns in einem 10er System befinden. Bei 10 Kugeln auf einer Reihe gibt es eine doppelte Darstellungsmöglichkeit bei Zahlen, die durch zehn Kugeln dargestellt werden. Zum einen mit 10 Kugeln oder mit einer Kugel eine Reihe höher, was nach meiner Meinung in der doppelten Darstellungsmöglichkeit aber keinen Vorteil bietet. Es gab in dieser Zeit einige Varianten in der ersten oder vierten Reihe. Da es einmal einen Viertel Kopeken und einen Viertel Rubel gab, ist in sehr alten Modellen die erste Reihe auch noch mit vier Kugeln versehen. Auch wenn es heutzutage keinen Viertel Rubel mehr gibt, ist aus Tradition die dritte oder vierte Reihe (je nach Modell) noch immer mit vier Kugeln versehen, was einen Wert von 0,25 darstellt, obwohl diese Reihe in der Praxis häufig nur als Komma benutzt wird.

Warum sich der Stschoty in der Größe von seinen Verwandten unterscheidet wurde schon 1815 so beschrieben: "Unsere Buchhalter finden irgendwie sogar Spaß an der Arbeit mit dem Stschoty - es ist als würde jemand einfach so mit seinen Fingern auf den Tisch klopfen. Deswegen möchten sie immer, dass ein Stschoty viel wiegt - damit dieses Klopfen lauter ist."

Quellen:

Кобринский Н.Е., Пекелис В.Д. Быстрее мысли 1959

Кононенко А „Техника вычисления на счетах“ 1956

Г.Ф. Рыбкина и А.П.Юшкевича,, "Историко-математические исследования"1952

"Сын Отечества", "Новоизобретенные щеты" 1815

Peter von Havens, Reise in Russland 1744

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